Der Datenschutz befindet sich in einer tiefen Krise

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar wies im Rahmen der “re:publica” auf schwere Missstände im deutschen Datenschutzrecht hin und forderte eine ethische Grundlage zur Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft.

Schaar trat mit einer ernüchternden Feststellung vor die Blogger im Berliner Friedrichstadtpalast: “Der Datenschutz befindet sich in einer tiefen Krise.” Zahl und Ausmaß von Datenmissbrauchsfällen hätten in den vergangenen Jahren immens zugenommen. Demonstrationen für mehr Datenschutz sowie für mehr Meinungs- und Versammlungsfreiheit, wie es sie noch in den 80er Jahren zuhauf gegeben habe, fänden – anders als vielleicht zu erwarten – immer weniger Unterstützer. “Überwachung ist alltäglich geworden und kaum einer regt sich noch darüber auf”, resümierte der oberste deutsche Datenschützer.

 

Peter Schaar forderte mehr Verantwortung für den Datenschutz in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Er zeigte sich “sehr besorgt über die beiläufige Überwachung”, die in seinen Augen ein größeres Problem als die klar als solche erkennbare Überwachung durch Videokameras, Telefon- oder Wohnraumbespitzelung darstelle. Dass Bürger mit zunehmender Freiwilligkeit persönliche Daten herausgäben, stimme ihn bedenklich: Die Zahlung mit EC- oder Kreditkarte im Supermarkt, das Punktesammeln mit Kundenkarten an Tankstellen, die verstärkte Nutzung ortungsfähiger Handys oder der Datenexhibitionismus in Social Networks – Schaar sieht trotz all dieser Risiken den “Endzustand der Überwachung noch lange nicht erreicht”. Da auch die Technologie weiter fortschreite, ergäben sich neue ungeahnte Möglichkeiten – besonders im Internet, das seinem Ruf als ertragreichste Informationsquelle auf Erden zunehmend alle Ehre mache. “Das Datensammeln boomt und ich gewinne unverblümt den Eindruck, dass Daten ein frei verfügbarer Rohstoff sind”, so der Datenschutzbeauftragte.

 

Es sei zwar durchaus als positives Signal aufzufassen, wenn politische Datenschutzgipfel stattfänden, Betreiber sozialer Netze von sich aus an verschärften Datenschutzbestimmungen arbeiteten, Abgeordnete das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Argument gegen geplante Gesetzesverschärfungen öffentlich ins Feld führten oder Internetanwender sich selbstständig Gedanken über ihre persönlichen Daten machten, aber es dürfe nicht dabei bleiben. “Es muss mehr getan werden”, appellierte Schaar an die Anwesenden.

Umfassende Grundlage für das IT-Zeitalter

Die geplante Verbesserung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), die zudem auf sehr wackeligen Füßen stehe (Zitat “ich kenne viele Abgeordnete persönlich, die das Gesetz verhindern wollen”), sei nur eine punktuelle Änderung der Bestimmungen. “Wir müssen zu einer viel umfassenderen Grundlage zur Datenverarbeitung im Informationszeitalter kommen”, forderte Schaar und appellierte zugleich an die Teilnehmer der re:publica “als Fachleute für Bürgerrechte” E-Mails an die Bundestagsabgeordnete zu schreiben und auf die Missstände hinzuweisen.

Quelle: http://www.computerwoche.de/

Kommentar

Als Anbieter eines Online Werbenetzes wird man sich sicherlich nicht leicht tun, verfügbare Informationen nicht zu verwerten. Die Versuchung ist so groß wie die technischen Möglichkeiten. Im Moment läßt das Datenschutzgesetz der EU noch genügend Freiraum, um ohne Verletzungen der Privatsphäre eine benutzerzentrierte Ansprache zu verwirklichen. Es sollte eigentlich im Sinne eines Anbieters sein, dass diese so bleibt, denn eine weitere Verschärfung der Gesetze und Richtlinien könnte das aus für segment driven marketing im Internet sein. 

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